Zwischen Wirtshaus und Kloster

03.06.2016 Carolin Steimer

Seit einigen Wochen tut sich wieder etwas am Landeshospital: Auf dem bisherigen Parkplatzgelände an der Ecke Kisau/Spitalmauer untersuchen wir derzeit Gebäudegrundrisse und Besiedlungsspuren vom Frühmittelalter bis in das 17. Jahrhundert.

Die Grabungen der letzten Jahre konnten bereits eine lange und intensive Siedlungsgeschichte des Geländes westlich der Warmen Pader nachweisen, die mit den ersten Bauern vor über 2000 Jahren ihren Anfang nahm. In der Zeit Karls des Großen entstanden hier mehrere Bauernhöfe, die unter anderem die Versorgung der Kaiserpfalz sicherten. Bis in das 11. Jahrhundert blieben diese Siedlungsstrukturen bestehen, als Bischof Meinwerk (1009-1036) in dem Areal eine Gewerbesiedlung für den bischöflichen Hof einrichten und Handwerker verschiedener Berufe ansiedeln ließ.

Der mittelalterliche Keller wird von der Grundstücksmauer aus dem 17. Jahrhundert überzogen

Auch auf dem aktuellen Grabungsareal finden sich Gruben, deren Verfüllung Keramikscherben aus dem Zeitraum des 9. bis 11. Jahrhunderts aufweisen. Die Umstrukturierungen, die im Zuge der Stadtgründung ab dem ausgehenden 12. Jahrhundert erfolgen und unter anderem eine neue Aufteilung der Fläche in einzelne Grundstücke mit sich bringen, zeigen sich in den ältesten Gebäuderesten: Der sorgfältig gelegte Plattenboden und die Wände eines Kellers gehören zu einem Haus, das wahrscheinlich von der Kisau aus zugänglich war.

Der Boden ist durch die starke Sonneneinstrahlung der letzen Wochen so trocken, dass die Verfärbungen der älteren Gruben oft nur im frisch angesprühten Zustand sichtbar sind.

Unter der Betonsohle des jüngsten Kellers hat sich der ältere schöne Plattenboden gut erhalten

Deutlich jüngere Geschichte steckt in den weiteren derzeit freigelegten Mauerstrukturen. Sie datieren großenteils in die erste Hälfte des 17. Jahrhunderts und damit in die Zeit der Gründung des Kapuzinessen-Klosters (das spätere Landeshospital). Als Domprobst Arnold von Horst ab 1628 für die Errichtung des Klosters mehrere bürgerliche Grundstücke ankaufte, stand auf dem westlichen Areal direkt an der Kisau – und damit unmittelbar hinter dem Neuhäuser Tor – bereits ein Gebäude: das viergeschossige Bauern- und Wirtshaus Bracht, der spätere „Goldene Anker“ (nach 1945 abgerissen). Offensichtlich kam für den Inhaber ein Verkauf seines Besitzes nicht in Betracht.

Der Teller mit der Darstellung eines Landsknechtes stammt aus Gebäude-Abbruchschichten um 1630.

Die verbliebenen Strukturen des „Goldenen Ankers“ werden maßstabsgetreu gezeichnet.

Im Vordergrund sieht man die Mauerreste und Fußböden des „Goldenen Ankers“, dahinter die Gebäude- und Grundstücksmauern aus dem 17. Jahrhundert.

Zeichnerische Dokumentation der Schichten zwischen der Grundstücksmauer des 17. Jh. (rechts) und dem Keller des 20. Jh. (links)

Mit dem Abriss angrenzender älterer Gebäude im Zuge der Umgestaltung des Geländes veränderte sich auch die Bebauungsstruktur unmittelbar nördlich seines Hauses und eine bis zu 0,50 m starke Mauer trennte nun das Klosterareal von seinem Grundstück ab.

Nach dem Krieg wurde die zerstörte Bebauung abgerissen und der „Goldene Anker“ in Form einer kleineren Kneipe wiederbelebt. Von diesem Bau, der bis in die 70er Jahre hinein bestand, zeugt noch ein aus Backsteinen gemauerter Keller in der Mitte der Grabungsfläche.

 

Text: E. Manz