Neues zur Domplatzgrabung

17.08.2015 Carolin Steimer

Das mittlere von drei Pflastern des 11. Jahrhunderts und vielleicht noch frühen 12. Jahrhunderts etwa 1,80 m unter dem heutigen Straßenbelag

Der Archäologe Dr. Sven Spiong (LWL-Archäologie für Westfalen, Außenstelle Bielefeld) berichtet über weitere spannende Funde von der Domplatzgrabung:

Bei der Auswertung der Domplatzgrabung habe ich noch einige neue Ergebnisse herausbekommen, die ich in diesem Blog kurz vorstellen möchte.

Seit fast vier Monaten ist die Grabung auf dem Domplatz inzwischen abgeschlossen. Dabei haben sowohl die Endphase der Grabung als auch die Durchsicht der Funde noch interessante Ergebnisse erzielt. Gerade die unteren Schichten, die wir im Bereich direkt nordöstlich der Gaukirche untersucht haben, waren noch besonders spannend:

So konnten zunächst drei übereinander liegende Pflaster des 11. und vielleicht noch frühen 12. Jahrhunderts freigelegt werden.

Drei Bruchstücke eines Putzes stammen von einer bemalten Wand, die wahrscheinlich Bischof Meinwerk im Zuge seiner Baumaßnahmen im frühen 11. Jahrhundert abreißen ließ.

Sie zeigen eine zu dieser Zeit sorgfältig befestigte Lauffläche im Innenraum der Domburg und bestätigen damit das Ergebnis einer Grabung aus dem Jahr 2006 auf dem westlichen Domvorplatz, wo ebenfalls eine Pflasterung dieser Zeit nachgewiesen werden konnte.

Das Platzpflaster wurde in der ersten Hälfte des 11. Jahrhunderts angelegt und im Laufe der Zeit zweimal erneuert. Es half den zahlreichen Besuchern zum Beispiel während der Königsaufenthalte sich auch nach längeren Regenfällen in der Burg zu bewegen, ohne im Schlamm des aufgeweichten Oberbodens zu versinken. Damals waren gerade die großen Um- und Neubauten in der Domburg durch Bischof Meinwerk (1009-1036) abgeschlossen. Der neue Straßenbelag bedeutete zugleich das vorläufige Ende der Baumaßnahmen.

Von der damaligen Großbaustelle haben sich in einer Schicht unter dem Pflaster eindeutige Überreste erhalten: Drei Bruchstücke weißen Putzes mit einer roten Bemalung konnten bei der Durchsicht der Funde entdeckt werden. Dabei war der untersuchte Ausschnitt auf eine Fläche von insgesamt etwa 4 Quadratmeter beschränkt. Die bemalten Putzreste stammen von einem wahrscheinlich karolingischen oder weniger wahrscheinlich von einem ottonischen Gebäudeteil, der dem neuen Baukonzept des Bischofs im Wege war.

Die kleine gleicharmige Bronzefibel des 9. Jahrhunderts aus einer karolingerzeitlichen Schicht wurde erst nach dem Waschen der Funde erkannt.

In einer noch tieferen Schicht kam eine kleine karolingische Bronzefibel zum Vorschein. Dabei handelt es sich um einen typischen Magazinfund, denn das unter Zeitdruck arbeitende Grabungsteam hatte sie zunächst als unbestimmtes Bronzeobjekt geborgen. Erst bei der genauen Durchsicht in der Stadtarchäologie wurde sie als ein schönes Exemplar der relativ seltenen gleicharmigen Broschen des 9. Jahrhunderts identifiziert.

Foto: Blick auf das älteste Burgpflaster, das der Frankenkönig Karl bald nach 776 im Burginnenraum verlegen ließ.

In zwei Metern Tiefe kam dann kurz vor Abschluss der Grabung noch das älteste Burgpflaster zum Vorschein, das hier bald nach der Gründung der Burg durch den Frankenkönig Karl im Jahr 776 angelegt wurde. Diese Datierung haben wir anhand von Keramikbruchstücken kleiner Standbodengefäße mit einziehendem Rand – sogenannte Kümpfe – gewinnen können, die aus der Schicht direkt über dem ältesten Burgpflaster stammen. Sie sind für die Zeit um oder vor 800 typisch.

Unter dem karolingischen Burgpflaster konnte noch der natürliche Bodenaufbau untersucht werden. Eine deutliche Hangkante zeigt ein ursprünglich unebenes Gelände, das beim Bau der Burg eingeebnet wurde. Leider entziehen sich die bisher recht spärlichen Bruchstücke der Keramik vorgeschichtlicher Machart, die aus diesem ältesten Laufhorizont geborgen wurde, einer genaueren Datierung. Auf der Anhöhe oberhalb der Paderquellen waren die Franken aber nicht die ersten Anwesenden: In der späten Bronze- und frühen Eisenzeit bestattet hier bereits Menschen ihre Angehörigen in Urnen, von denen sich noch 17 unter dem Dom fanden und in der Römischen Kaiserzeit lebten hier mehrere Generationen in Höfen und hinterließen in den Jahrhunderten nach Christi Geburt ebenfalls ihre Spuren im Boden.

Inzwischen setzt die neue Stadtarchäologin Dr. Sveva Gai die Grabungen auf dem Domplatz fort und wir dürfen auf die weiteren Ergebnisse gespannt sein.

 

Text: Dr. Sven Spiong