Barocke Mauern und Spuren der Eisenzeit in Schloss Neuhaus

03.12.2020 Carolin Streuber

Grabungsleiter Till Lodemann, wissenschaftliche Volontärin Stefanie Menne und Stadtarchäologin Dr. Sveva Gai (v.l.n.r.) begutachten das freigelegte Hortisol. (Foto: LWL/ F. Jäker)

Außenordentlich schöne Ergebnisse liefert die Grabung, welche die Grabungsfirma EggensteinExca aktuell im Auftrag unserer LWL-Stadtarchäologie durchführt. Mitten im historischen Ortskern von Schloss Neuhaus plant die katholische Kirchengemeinde den Neubau ihres Pfarrhauses. Archivquellen ließen vermuten, dass sich unter dem Vorgängerbau aus den 1950er-Jahren höchstwahrscheinlich Überreste des Hauses Kirchthombansen aus dem 17. Jahrhundert befinden. 

Bei dem Gebäude handelt es sich um das 1681 errichtete Wohnhaus der einst angesehenen Neuhäuser Familien Jürgens und Waldmeyer, welche in der früheren Stadt bischöfliche Verwaltungsbeamte, Oberrentschreiber und Friedensrichter hervorbracht hatten. Die Bedeutung der Bewohner zeigte sich auch in der Bauweise des Hauses: Das repräsentative Fachwerkgebäude ist von der Gestaltung an das Paderborner Rathaus angelehnt gewesen und war bis zu seinem Abriss im Jahr 1950 im Stadtbild von Schloss Neuhaus in Größe und Stil herausragend. Eine archäologische Begleitung war bei einer Baumaßnahme auf einem ortsgeschichtlich so bedeutsamen Grundstück dementsprechend unumgänglich.

Die freigelegten Kellerräume wurden für die Ausgrabenden wieder begehbar. (Foto: LWL/ F. Jäker)

Am 10. September begannen die Grabungsarbeiten und schon eine gute Woche später kamen unter dem modernen Betonkeller die ersten historischen Mauerfragmente zum Vorschein. Nach und nach wurde der Keller des barocken Hauses, seine Fundamente, ein Pflastersteinboden sowie eine Latrine freigelegt, deren Verfüllung genauere Vermutungen über die Nutzung des Gebäudes ermöglicht. Dabei ist der gute Zustand der Mauerfragmente eine kleine Überraschung: Die Kellerräume des fast 350 Jahre alten Hauses wurden für die Ausgrabenden quasi wieder begehbar, mitsamt den dazugehörigen Bruchsteintreppen. Für das von der anliegenden Straße gut sichtbare Stück wieder lebendig gewordener Neuhäuser Ortsgeschichte interessierte sich bis jetzt nicht nur der WDR: Jeden Tag erkundigen sich zahlreiche vorbeigehende Passantinnen und Passanten bei dem Grabungsteam über die außergewöhnliche Baustelle.

Vor Ort werden die Arbeiten von Grabungsleiter Till Lodemann und seinen Grabungshelferinnen und Grabungshelfern von der Firma EggensteinExca durchgeführt. Der Archäologe freut sich besonders über den Fund eines über die Jahrhunderte menschlicher Siedlung gewachsenen Gartenbodens (einem sogenannten Hortisol) in welchem Keramikscherben aus der Eisenzeit freigelegt wurden. Noch unter dieser Bodenschicht haben sich - ebenfalls eisenzeitliche - Baugruben und Pfostenlöcher erhalten, welche vermutlich aus dem ersten Jahrhundert n. Chr. stammen.

Die freigelegten Pflasterböden des alten Wohnhauses. (Foto: LWL/ F. Jäker)

Vor Ort werden die Arbeiten von Grabungsleiter Till Lodemann und seinen Grabungshelferinnen und Grabungshelfern von der Firma EggensteinExca durchgeführt. Der Archäologe freut sich besonders über den Fund eines über die Jahrhunderte menschlicher Siedlung gewachsenen Gartenbodens (einem sogenannten Hortisol) in welchem Keramikscherben aus der Eisenzeit freigelegt wurden. Noch unter dieser Bodenschicht haben sich - ebenfalls eisenzeitliche - Baugruben und Pfostenlöcher erhalten, welche vermutlich aus dem ersten Jahrhundert n. Chr. stammen.

Die Gruben und die Keramikscherben sind die ältesten bekannten Zeugnisse menschlicher Siedlungsaktivität im nördlichen Stadtbezirk Paderborns. Die faszinierenden Ausgrabungsergebnisse bringen auch Stadtarchäologin Dr. Sveva Gai und ihr Team der LWL-Archäologie Paderborn ins Staunen, die die Grabung beaufsichtigen und wissenschaftlich begleiten.

Nach dem Freilegen aller Befunde müssen Lodemann und sein Grabungsteam nun alles sorgfältig dokumentieren, bevor der Neubau des Pfarrhauses frühestens im März 2021 beginnen kann. Das gesicherte Material wird die Ortsgeschichtsforschung aber wohl noch längere Zeit begleiten.

Finn Jäker